Korrupt, verhabert, vernadert: Was bleibt vom Ibiza-Skandal?
17. Mai 2019: Ein politisches Beben erschüttert Österreich. Infolge der Veröffentlichung des Ibiza-Videos treten der damalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache und der damalige FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus zurück, die Regierung löst sich auf und eine Übergangsregierung führt einige Monate lang die Geschäfte Österreichs. Vier Jahre danach sind die Zeiten, in der die FPÖ für den Ibiza-Skandal abgestraft wurde, definitiv zu Ende. Nach Erfolgen bei mehreren Landtagswahlen liegen die Freiheitlichen in bundesweiten Umfragen vorne. Doch die Ermittlungen fördern immer neue Skandale zu Tage, im Zuge der „Inseraten-Affäre“ kämpft nun die ÖVP mit Korruptionsvorwürfen. Österreich ist indes im internationalen Korruptions-Index weiter abgerutscht und liegt nur mehr knapp vor Staaten wie den Seychellen, Taiwan oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. Welche Lehren sollten Politik, Justiz und Medien aus dem Ibiza-Skandal ziehen? Ist „Schwamm drüber“ in Österreich viel zu oft eine Option? Oder sind im Zuge der Ibiza-Aufarbeitung auch Irrtümer, Fehleinschätzungen und Versäumnisse passiert? Für wen war die Ibiza-Affäre Mittel zum Zweck? Und wie lässt sich das verlorene Vertrauen der Bürger in die Institutionen wiedergewinnen? Johann Pauer, Ex-Anwalt von Heinz-Christian Strache, geht hart mit der Politik ins Gericht: Sie benutze das Strafrecht als Waffe gegen politische Gegner und belaste mit einer Flut von anonymen Anzeigen das Justizsystem. Der Anti-Korruptionsexperte Martin Kreutner sieht den Ibiza-Skandal als Wendepunkt, der überwiegende Teil der Bevölkerung wünsche sich dringend eine sauberere Politik. Ibiza habe Österreich grundlegend umgekrempelt, glaubt auch die Journalistin und Politikwissenschaftlerin Corinna Milborn – was allerdings noch fehle, seien ordentliche Anti-Korruptionsgesetze. Der Politikberater Christoph Pöchinger dagegen rät von Gesetzesverschärfungen ab, er warnt vor massiven Eingriffen in die Grund- und Bürgerrechte. Der Ex-Lobbyist Peter Hochegger wurde in der Telekom-Affäre in Zusammenhang mit Scheinrechnungen zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Heute sagt er: „Ich war Teil eines gierigen Systems, habe Grenzen überschritten und dabei den Blick fürs Wesentliche verloren".