Tyrannei der Selbstgerechten: Nur noch eine Meinung erlaubt?
„Friedensschwurbler“: Mit diesem Begriff werden neuerdings all jene abqualifiziert, die sich für ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine und für Verhandlungen mit Russland aussprechen. Kein neues Phänomen: Seit Beginn der Corona-Pandemie steigt die Lust daran, das Meinungsspektrum in richtig und falsch oder sogar gut und böse zu teilen. Man gefällt sich darin, öffentlich mit dem Finger auf die jeweils andere Seite zu zeigen.Mancher zerbricht an Hass und Hetze, wie aktuell der Fall des impfkritischen Biologen und Sachbuchautors Clemens Arvay zeigt. Andere ziehen sich aus der öffentlichen Debatte zurück: Laut einer Umfrage des MDR hat mittlerweile jeder Zweite Angst davor, die eigene Meinung in der Öffentlichkeit zu äußern. Wer oder was ist schuld an der Verhärtung der Fronten? Ist dieser tiefe Riss noch zu kitten? Oder sind wir alle zu empfindlich geworden? Und was braucht es, damit Aufarbeitung und Versöhnung gelingen können? Die Gäste bei Michael Fleischhacker: Der Journalist Heinz Sichrovsky, der sich entschieden auf die Seite der „Friedensschwurbler“ stellt, den wenig zimperlichen Umgang mit Corona-Kritikern jedoch für angemessen hält; die Publizistin Birgit Kelle, die ein neues Denunziantentum um sich greifen sieht und die Wiederaufnahme einer breiten öffentlichen Debatte fordert; die Historikerin und Soziologin Sandra Kostner, die eine Rückkehr großer Ideologien beobachtet und vor einer Vergiftung des Klimas, aber auch vor einer zu großen Empfindlichkeit warnt; die ehemalige Grünen-Chefin Eva Glawischnig, die vor allem die politisch rechte Seite für Diffamierung und Hetze verantwortlich macht, aber auch Kritik an ihrer eigenen Partei übt; und der Psychiater Raphael Bonelli: Er war persönlich mit Clemens Arvay bekannt und macht Hass, Hetze und eine Rufmordkampagne gegen den Biologen für dessen Tod verantwortlich.